Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse nach der CSRD   

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zielt unter anderem darauf ab, die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen zu verbessern. Unternehmen müssen nun transparenter über ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft informieren. So besteht beispielsweise für Investoren, Kunden und die Öffentlichkeit die Möglichkeit, zu verstehen, wie Unternehmen zu einer nachhaltigeren Welt beitragen. 

Was ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse? 

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist ein Schlüsselelement der CSRD, das Unternehmen dazu auffordert, zwei bedeutende Fragen zu beantworten:  

  • Finanzielle Wesentlichkeit: Wie beeinflussen Nachhaltigkeitsaspekte das Unternehmen finanziell, d.h. welche Risiken und Chancen ergeben sich für das Unternehmen (ESRS 1 Abs. 47 ff.)? 
  • Auswirkungswesentlichkeit: Welche positiven oder negativen Auswirkungen hat das Unternehmen auf die Umwelt und die Gesellschaft? Dabei sind sowohl tatsächliche als auch potenzielle Auswirkungen zu berücksichtigen. Zu den Auswirkungen gehören diejenigen, die mit der eigenen Geschäftstätigkeit und der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette des Unternehmens zusammenhängen, einschließlich seiner Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsbeziehungen (ESRS 1 Abs. 43 ff.) 

Diese duale Betrachtungsweise hilft Unternehmen ein ganzheitliches Bild ihrer Aktivitäten zu zeichnen und sowohl die Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt als auch die finanziellen Auswirkungen (Risiken und Chancen) von außen auf das Unternehmen zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass die relevanten und somit wesentlichen Themen aus der sogenannten Longlist (ESRS 1 AR 16) identifiziert werden.

Beispiel

Nehmen wir als Beispiel ein deutsches Mutterunternehmen mit Tochterunternehmen auf der ganzen Welt. Die Produkte werden selbst hergestellt und vertrieben. Im Rahmen der Auswirkungswesentlichkeit könnte beispielsweise analysiert werden, welche Effekte die eigene Produktion auf die jeweiligen lokalen Grundwasserspiegel hat und ob dadurch eine Austrocknung der umliegenden Wälder stattfindet. Auch die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter in der Wertschöpfungskette können hier betrachtet werden. Kommt es zu einer Ressourcenknappheit von Wasser, könnte dies zu einem Produktionsstopp und dementsprechend zu finanziellen Risiken durch Umsatzeinbußen führen. Finanzielle Chancen könnten in der Umstellung hin zu effizienteren und nachhaltigeren Produktionsprozessen liegen. 

Der Prozess der doppelten Wesentlichkeitsanalyse

Wir empfehlen, im Sinne der Implementation Guidance 1 der EFRAG, den Prozess mit einer Initialanalyse zu starten, bei der unter anderem die eigene Nachhaltigkeitsstrategie, die Geschäftsbereiche und die Wertschöpfungskette bzw. Geschäftsbeziehungen dargestellt werden. Wurde bereits in der Vergangenheit eine Wesentlichkeitsanalyse nach einem anderen Rahmenwerk durchgeführt, so kann darauf aufgebaut werden. 

Nach den ESRS spielt die Einbeziehung von Stakeholdern eine wesentliche Rolle und wird gleich zu Beginn des Regelwerks in ESRS 1 mit der Wesentlichkeitsanalyse in Verbindung gebracht. Stakeholder sind sowohl im Rahmen des Due-Diligence-Prozesses als auch bei der Beurteilung der nachhaltigkeitsbezogenen Wesentlichkeit zu berücksichtigen. 

Ferner fordern die ESRS den Einbezug der Stakeholder unter anderem bei der nachhaltigkeitsbezogenen Wesentlichkeit in Bezug auf die „Ermittlung und Bewertung tatsächlicher und potenzieller negativer Auswirkungen“ (ESRS Abs. 24).  

Mit den gesammelten Informationen ist das Unternehmen anschließend in der Lage, die identifizierten Auswirkungen, Risiken und Chancen – die sog. IROs (Impacts, Risks and Opportunities) – konkret zu benennen und zu bewerten. Ein Nachhaltigkeitsaspekt gilt dann als wesentlich, wenn er die Kriterien für die Wesentlichkeit der Auswirkungen oder für die finanzielle Wesentlichkeit oder für beide erfüllt (ESRS 1 Abs. 28). 

Die Auswirkungen des Unternehmens werden – je nachdem, ob es sich um potenzielle oder tatsächliche und positive oder negative Auswirkungen handelt – anhand der Kriterien Ausmaß, Umfang, Unabänderlichkeit und Wahrscheinlichkeit bewertet. Die Bewertung der Wesentlichkeit von negativen Auswirkungen basiert auf dem Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht gemäß den UNGP und OECD (ESRS 1 Abs. 45/ 46). Finanzielle Risiken und Chancen werden anhand ihres finanziellen Ausmaßes und der Eintrittswahrscheinlichkeit gemessen (ESRS 1 Abs. 51).  

Das Unternehmen sollte die Wesentlichkeitsanalyse unter Verwendung geeigneter quantitativer und/oder qualitativer Schwellenwerte durchführen, um die wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen zu bestimmen und demnach auch den Umfang der Nachhaltigkeitsberichterstattung festzulegen (ESRS 1 Abs. 42).  

Mit der Bewertung der Auswirkungen, Risiken und Chancen können dann, die wesentlichen Themen identifiziert werden. Eine Implementierung eines nachhaltigkeitsbezogenen internen Kontrollsystems, ist für die Unternehmen unerlässlich. Dazu gehört die Validierung durch die Geschäftsführer (empfohlen durch die Implementation Guidance der EFRAG) und der Stakeholder. Ziel ist es, eine konzentrierte Liste der wesentlichen Themen zu erstellen (Shortlist).  

Herausforderungen und Umsetzungsempfehlungen 

Die Umsetzung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse gemäß der CSRD kann für Unternehmen anspruchsvoll sein, insbesondere bei der erstmaligen Identifikation und Definition relevanter ESG-Aspekte und der Beschaffung dazugehöriger, valider Daten. Darüber hinaus entstehen Herausforderungen diese zu bewerten, zu begründen und in die Berichterstattung zu integrieren, während gleichzeitig sich entwickelnde Standards und Rahmenwerke berücksichtigt werden müssen. Es erweist sich als anspruchsvoll, die Shortlist so kurz wie möglich und dennoch so lang wie notwendig zu halten, sodass die wirklich wesentlichen Themen für das Unternehmen, abhängig vom Geschäftsmodell, den geographischen und sozialen Spezifika etc., identifiziert werden können. Um den Herausforderungen der doppelten Wesentlichkeitsanalyse effizient und kosteneffektiv zu begegnen, ist es entscheidend, interne Prozesse und Verfahren zu entwickeln sowie ein oder mehrere interdisziplinäre Teams zusammenzustellen, welche für eine zielgerichtete transparente Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse sorgen. Zusätzlich kann die Einbindung der Stakeholder eine besondere Schwierigkeit darstellen, da der Standard zwar ihre Beteiligung vorschreibt, jedoch keine konkrete Methodik vorgibt. Das zwingt Unternehmen dazu, eigene Ansätze für diesen essenziellen Schritt zu entwickeln. 

Zusammenfassung und Ausblick 

Mit der zunehmenden Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen Unternehmen die komplexen Anforderungen der CSRD meistern. Die CSRD und die doppelte Wesentlichkeitsanalyse tragen jedoch maßgeblich zur Transparenz und Verantwortlichkeit von Unternehmen bei. Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse wird dabei zu einem Schlüsselelement, um sicherzustellen, dass die Berichterstattung sowohl für Unternehmen als auch für ihre Stakeholder von Wert ist. 

Sollten Sie Unterstützung bei der Umsetzung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse benötigen, steht Ihnen unser Team bei DDP Consulting zur Seite. Mit unserem Fachwissen und unseren Tools begleiten wir Sie durch diesen Prozess und helfen Ihnen, die Anforderungen der CSRD zu verstehen und zu erfüllen. 

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